Geschichte der Böllerkanone SGB 1893

Lieber Leser (m/w/d) dieses Beitrags,

unsere Böllerkanone hat eine bewegte Geschichte erlebt welche ich nachfolgend erzählen möchte. Bevor sie im Herbst des Jahres 1988 wieder auftauchte, rankten sich nur diffuse Erinnerungen, welche ab und zu bei passenden Gelegenheiten zur Sprache kamen, darum. Bekannt war, daß sie hauptsächlich bei Beerdigungen von Kriegsveteranen des 1. Welkkrieges abgefeuert wurde und von „Sägi-Moler-Bauschandarm“ Willi Gisin, Schulstraße Brombach, heute Mulsowstr. betreut wurde. Ob und was von ihr noch übrig geblieben war, als sie Ende des 2. Weltkrieges in der „Versenkung“ verschwand, wußte niemand mehr. Es wurde vermutet, daß sie irgendwo bei der Brombacher Feuerwehr versteckt wurde.

Als nun im Herbst 1988 der Abbruch der alten Gebäude der Feuerwehr durchgeführt wurde entdeckte Werner Heitz, welcher zu dieser Zeit Gerätewart bei der Feuerwehr war, im Leiternschopf unter einer Plane, Reste der Böllerkanone. Umgehend informierte er unser Mitglied Gert Grass, welcher gegenüber der Feuerwehr wohnte, über seinen Fund. Noch am gleichen Abend transportierten Gert Grass und Rudolf Güdemann alle noch vorhandenen Teile in die Räume der ehemaligen Metzgerei Klein. In Ruhe wurde alles inspiziert. Es fehlten zwar einige wichtige Teile aber die vorhandenen, nur leicht angerosteten, waren in gutem Zustand.

Vorhanden war das Kanonenrohr mit festgerostetem Verschlussblock und Original Typenschild und die Eisenlavette. Gefehlt hatten die Teile des Schlagbolzens, eine Achse mit Rädern und die Kartuschen.

Den festgerosteten Verschlussblock benetzte Gert Grass immer wieder mit Rostlöser und prüfte die Beweglichkeit. Endlich, nach über 2 Monaten lies sich der Verschlussblock wieder bewegen !

Erst ab diesem Zeitpunkt dachten wir an die Restaurierung. Beim Sohn des ehemaligen Böllerschützen, Ernst Gisin, erkundigten wir uns nach den fehlenden Teilen. Verständlicher Weise war nichts mehr vorhanden.

Auf alten Bildern, welche ich nach Gesprächen mit Frau Gisin, ehemaliges Elektrogeschäft Römerstr. Brombach, erhielt, war eine vergleichbare Kanone abgebildet. So konnte die Größe der Räder abgeschätzt werden. Von Willi Hauri wurde uns ein alter Zweiradkarren geschenkt. Achse und Räder passten und wurden vom restlichen Holz befreit. Nachdem bereits ein Schlagbolzen und passende Kartuschen angefertigt waren, las ich im Sommer 1989 zufällig in der Tageszeitung über eine Firma, welche Salutkanonen herstellte. Diese hatte den selben Namen, welcher auf dem Typenschild unserer Kanone stand :

„Alarmkanonenfabrik Josef Wenig Pocking Nby.“

Mit Hilfe der damals noch vorhandenen Telefonbücher von ganz Deutschland in den Postämtern, fand ich die Adresse heraus und schrieb einen Brief. Bald darauf kam die Antwort aus Pocking bei Passau bei mir an. Ich war mehr als überrascht als ich las, es gäbe noch Original-Ersatzteile und Zubehör !! Dem Rat von Herrn Wenig folgend sendete ich den Verschlussblock nach Pocking und bestellte Schlagbolzen, Ersatzfeder, 6 Kartuschen Kaliber 50 mm und eine Putzstange mit Wischer.

Herr Wenig machte uns im Antwortschreiben darauf aufmerksam, daß eine Salut- oder Böllerkanone von einem staatlichen Beschussamt geprüft und abgenommen werden muß, bevor sie verwendet werden darf.

Da von diesem Zeitpunkt an klar war, daß wir die alte Tradition des Böllerschiessens in Brombach wieder aufleben lassen wollten, begann die Restaurierung. Dazu wurde die komplette Böllerkanone zerlegt, mit frischer Schutzfarbe versehen, geschmiert und geölt. Am 10. Januar 1990 war diese Arbeit abgeschlossen. Das Ergebnis konnte sich sehen lasse.

Beim staatlichen Beschussamt in Ulm wurde ein Abnahmetermin vereinbart. Dieser fand am 11. April 1990 statt. 8 Mitglieder wollten bei diesem „Akt“ dabei sein. Der offiziellen Prüfung mit 3 Schüssen hielt die frisch restaurierte Kanone problemlos stand. Nun erhielt sie eine „Geräte-Nummer“ (Salutkanonen sind keine Waffen). Diese Nummer durften wir selbst bestimmen. Nach kurzer Überlegung fiel die Wahl auf  1893  unserem Gründungsjahr. Danach wurde eine Beschussbescheinigung ausgestellt.

Als nächstes auf dem Weg zum ersten Einsatz am Schlossgrabenfest 1990 bedurfte es eines Böllerschützen mit amtlicher Prüfung und Bescheinigung. Bis zum Schlossgrabenfest 1990 gab es nirgens einen Lehrgang für Böllerschützen. Deshalb feuerte Hans Rößig von der Schützengesellschaft Haagen, die ersten 6 Schüssen am 29. September 1990 mit unserer Kanone ab.

Im Spätherbst 1990 konnte ich selbst die Prüfung als Böllerschütze ablegen und bediene sie seither.

Im Jahr 2003 statteten wir bei einem Sommerurlaub der Firma Wenig, welche inzwischen Kühner heißt, in Pocking einen Besuch ab. In einem alten Aktenordner fand Herr Kühner den Kaufbeleg unserer Böllerkanone. Diese wurde im Jahr 1936 von der Gemeindeverwaltung Brombach gekauft.

Wenn man nun zu rechnen beginnt, stellt man schnell fest, daß unsere Vorfahren gerade einmal maximal 9 Jahre damit „geböllert“ haben. Wir, die sogenannten „Jungen Nachfolger“, pflegen nun schon 33 Jahre, Stand 2023, diese Tradition. Inzwischen gibt es in den Reihen der SG Brombach zwei weitere Böllerschützen welche diese Tradition später fortsetzen.

Ganz ohne Aufwand ist der Betrieb einer Salut- oder Böllerkanone nicht. Die „Verbrauchskosten“ sind überschaubar aber alle 5 Jahre muß ein Wiederholungsbeschuss durch ein Beschussamt erfolgen. Im Klar-text : Kanone nach Ulm und zurück. Einen ganz besonderen Dank an dieser Stelle möchte ich Hans-Peter Müller, Hüsingerstr. aussprechen. Er war von den bisher 7 Besuchen in Ulm, 6 Mal ehrenamtlich der Transporteur und Begleiter. Auch bei den Einsätzen an den schon 31 Schlossgrabenfesten und weiteren Ereignissen war er immer dabei.

Mit den amtlichen Genehmigungen hat man keine Probleme, wenn man sich an die Vorgaben hält.

                        Technische Daten :

                        Böllerart           Salutkanone mit Kartuschen

                        Zündungsart     Zündhütchen (Zünder Nr. 6)

                        Hersteller          Josef Wenig, Poking Niederbayern

                        Modell              unbekannt

                        Baujahr             1936

                        Nummer           1893

                        Kaliber             50 mm

                        Ladung             80 g Schwarzpulver/Böllerpulver

                        Vorlage            24 g zur Verdämmung